Chemovorphase & 1. Chemo 12.01. – 20.01.2018 – Teil VII
Nach den ganzen Voruntersuchungen, die dank der super
Organisation meiner behandelnden Onkologen in extrem kurzer Zeit abgeschlossen
waren, hatte ich nun eine Einstufung meiner Erkrankung. Ich wurde in ein diffus
großzelliges B-Zell Non-Hodgkin-Lymphom Stadium 3 AE bulky disease nach
Ann-Arbor eingestuft, das ist eine Klassifikation für bösartige Lymphome, die Aufschluss
über die Ausbreitung und Grad der Erkrankung gibt.
I Befall von nur einer Lymphknotenregion
II Befall auf nur einer Seite des Zwerchfells, also entweder oberhalb
oder unterhalb
III Befall von Lymphknotenregionen
oberhalb und unterhalb des ZwerchfellsIV diffuser oder disseminierter Befall von Lymphknoten und extralymphatischen Geweben
E = Befall von extranodalen Organen oder Ausbreitung vom Lymphknoten in umliegendes
Gewebe
S = Befall der Milz (üblicherweise nur in Stadium III)
X = maximaler Durchmesser des Tumors beim Erwachsenen über 7,5cm (bulky disease)
A = Allgemeinsymptomfrei
B = Vorliegen von Allgemeinsymptomen (Fieber >38 °C, Nachtschweiß, Gewichtsverlust [ungewollt, > 10 % des Körpergewichts in 6 Monaten])
S = Befall der Milz (üblicherweise nur in Stadium III)
X = maximaler Durchmesser des Tumors beim Erwachsenen über 7,5cm (bulky disease)
A = Allgemeinsymptomfrei
B = Vorliegen von Allgemeinsymptomen (Fieber >38 °C, Nachtschweiß, Gewichtsverlust [ungewollt, > 10 % des Körpergewichts in 6 Monaten])
Außerdem wurde mein International Prognostischer Index (IPI) auf 2 (niedrig-intermediär) eingestuft. Hierbei
werden der Allgemeinzustand, LDH (hoch/niedrig), Extranodalbefall (ja/nein),
Alter und Ann-Arbor-Stadium angesehen und die Prognose des Patienten anhand
durchgeführter Studien ermittelt. Mein statistisches 5- Jahres Überleben lag
somit grob bei 80%, zusätzlich spielt natürlich ein Ansprechen oder eben nicht Ansprechen
auf die Therapie eine große Rolle.
Bei Lymphomen gibt es viele Unterarten, es gibt langsam wachsende
und schnellwachsende Lymphome wie meines, welches sich rasch im Körper
ausbreitet und unbehandelt zum Tode führt – in meinem Fall hätte ich laut
meinen Onkologen ein halbes Jahr gehabt. Dadurch erklärt sich auch, warum alles
so schnell gehen musste. Dass es so ernst ist, war mir am Anfang natürlich
nicht so bewusst, auch wurde mir das Ausmaß meines Mediastinaltumors zunächst
nicht mitgeteilt, nur so viel, dass wir das in den Griff bekommen. Am Anfang sind
das auch viel zu viele Fachbegriffe, mit denen man sich erstmal befassen muss.
Ich hab´ immer sehr viel nachgefragt und das hat mir geholfen zu verstehen was
mit mir gemacht wird und warum, es gibt aber auch sehr viele Patienten, die gar
nicht so viel davon wissen möchten – da muss man denk ich schauen, wie man
selbst mit der Situation am besten zurechtkommt.
Mir ist noch wichtig zu sagen, dass es sich hier um einen
Beitrag handelt, der aus meinem subjektiven Empfinden, meinen persönlichen
Nachforschungen entstanden ist und sich nur auf meinen Lymphom-Subtypen bezieht
– Lymphome sind in ihrer Erscheinung und im Verlauf unter Umständen sehr
verschieden – daher bitte als Anhaltspunkt sehen, aber nicht als Muss.
Nach der Portimplantation wurde ich also drei Tage später am
12.01.2018 stationär im Klinikum aufgenommen und zunächst durchgecheckt. Es
wurde ein Blutbild gemacht (LDH nach der OP von 847 auf 464 gesunken),
Temperatur gemessen, Lymphkonten abgetastet (alle unauffällig), Lunge und Herz
abgehört, Leber und Milz abgetastet und meine OP-Narben angesehen. Danach wurde
ich über die Durchführung der Chemotherapie, den Zytostatika und deren
umfangreiche Nebenwirkungen aufgeklärt. Über die Medikamente, die ich über
meine gesamte Therapiezeit eingenommen habe, werde ich einen gesonderten
Eintrag machen. Mein Behandlungsschema waren 8 Zyklen R-CHOEP (Rituximab,
Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin, Etoposid, Decortin) im 14 Tages-Rhythmus und nach leider
positivem Abschluss PET-CT kam noch eine 5 Wöchige Bestrahlung mit 46 Grey
hinterher, aber das ist wieder ein anderes Thema 😊.
Da mein Tumor so groß war, wurde eine Vorphase mit dem
Antikörper Rituximab zusammen mit Fenistil (gegen allergische Reaktion),
Cortison, Paracetamol, Vergentan (Übelkeit) und einem Chemomittel – Vincristin
gemacht (12. -16.01.18), das zunächst noch über einen Armzugang, der versagte
jedoch und am 15. wurde der Port angestochen. Wäre man direkt mit der vollen
Packung draufgegangen, wären die Zellgifte des absterbenden Tumors im Blut zu
heftig für den Körper gewesen. Ab dem 17.01.18 kamen dann die restlichen
Chemomittel hinzu – nämlich Cyclophosphamid (auf das ich jedes Mal furchtbare
Schmerzen im Gehirn bekam, eine allergische Reaktion, bei der nicht mal
hochdosierte Schmerzmittel halfen), Doxorubicin (ein Mittel das Aussieht wie
Aperol) und Etoposid. Diese 5 – Chemo – Packung dauerte 8 Stunden und waren
2,5l gesamt für den einen Tag mit zusätzlich nochmal 2l Wässerung für die Organe
mit sämtlichen Schonern wie unter anderem Magenschoner, Harnsäureregler und
heftige Brechreizblocker.
An meine erste 8 Stunden Infusion erinnere ich mich
noch ziemlich gut … die ging mit Vorwässerung von 8 Uhr Morgens bis 17 Uhr
durchgehend. Mittags gabs an diesem Tag ein Gericht mit Hirse – wenn ich heute
dran denk könnt ich speien. Denn Abends war mir nach den Infusionen einfach nur
Elend … man fühlt sich mehr tot als lebendig, der Körper mehr als erschöpft,
die Organe schmerzen und ständig eine brodelnde Übelkeit. Die Ärzte gaben mir zur Chemo zunächst
Vergentan, welches bei mir schwerwiegende Nebenwirkungen hatte – nach der
Einnahme war ich wie zugedröhnt, hatte Probleme mich zu Artikulieren und zu
Konzentrieren, was nach dem zweiten Chemoblock dann umgestellt wurde, weil es
auch unzureichend gegen die Übelkeit half. Nach dem Langen Tag bekam ich also
um 19 Uhr meine erste Gabe hochdosiertes Vomex, welches nicht half, sodass man
um 20 Uhr auf MCP Umstieg, um 21 Uhr noch eine Gabe – ich war mittlerweile völlig
erledigt und am Heulen, weil nichts half. Gottseidank kam meine Familie nochmal
zu mir, um mich aufzufangen. Nach 22 Uhr bekam ich, nachdem meine Familie
gegangen war, eine letzte Gabe. Die war wie der Tropfen auf dem heißen Stein und
ich stürzte zur Toilette, um so schlimm zu Erbrechen, wie noch nie in meinem
Leben. Ich merkte an dem Tag so sehr wie sich mein ganzer Körper sträubte und die
ganzen Mittel einfach zu viel waren, dass ich am liebsten nur noch geheult
hätte. Am Ende bekam ich dann ein Schlafmittel von den Nachtschwestern und schlief
bis zur allmorgendlichen Blutabnahme um 6.30 Uhr. Am 18.01. und 19.01. bekam
ich je nur 3 Stunden Chemoinfusion mit dem Mittel Etoposid. Von diesem bekam
ich im Verlauf oftmals Fieberschübe und zunehmend mit dem Chemoblöcken dann Herzrhythmusstörungen,
was ziemlich unangenehm war, sich jedoch nun nach den Chemos gottseidank wieder
normalisiert hat. Während der gesamten Vorphase wurde ich, so schlimm sich das
alles anhört, jedoch sehr gut betreut. Es wurde täglich ein großes Blutbild
gemacht, in meinem Fall wurden Kalium und Vitamin D aufgesättigt und es wurden
regelmäßig die Temperatur und der Puls mit dem Blutdruck gemessen. Ich habe mich
trotz der furchtbaren Umstände recht wohl gefühlt und wurde dank Michi, meiner
Familie und meinen Freunden, die anriefen oder mich besuchen kamen, immer recht
gut abgelenkt. Nach 8 Tagen auf der Station wurde ich entlassen und durfte nach
Hause gehen, auf mein eigenes Bett und das gute Essen Zuhause freute ich mich
am meisten 😊. Ich bekam eine große Liste an Rezepten für
die Apotheke mit, die Medikamente holten wir noch auf dem Heimweg. Ich war echt
erledigt, gottseidank half mir Michi und las sich durch die Arztbriefe, um mir
einen Medikamentenplan bis zur nächsten Chemo zu erstellen.
Ich musste mich
erstmal erholen und habe viel geschlafen und war wann immer es ging an der
frischen Luft. Nach der ersten Chemo gab es auch viel Bürokratisches zu Regeln,
ich musste zur Krankenkasse, dann das mit meiner Ausbildung klären und bin bei
meinen Eltern behelfsmäßig wieder eingezogen, da ich beinahe all meine Sachen beim
Umzug mitgenommen hatte. Wie ihr vielleicht in meinem Beitrag zum Thema
Haarverlust gelesen habt, habe ich mir vor der 2. Chemo auch noch schneiden
lassen, da ich zum einen furchtbar neugierig war, wie mir kurze Haare stehen
würden und zum anderen habe ich mir gedacht, dass es beim Ausfallen dann nicht
so eklig und die Umgewöhnung von ganz Lang auf gar nix nicht so krass wird. Ich
muss sagen, dass auch die Nebenwirkungen am Anfang noch nicht so arg zu spüren
sind, da der Körper zu Beginn ja noch eine recht gute Kraftreserve hat und das
Knochenmark noch gut von selbst arbeitet. Die Hauptnebenwirkungen wie starke
Müdigkeit, Appetitlosigkeit/Geschmacksverlust, Herzrhythmusstörungen, Nervenschädigungen,
Knochenmarksschädigungen und Haarausfall kamen erst mit den Chemos nach und
nach dazu, aber auch hier lässt sich viel dagegen machen – mehr dazu dann bei
den Nebenwirkungen und Helferlein.
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