Die Diagnose – 02.01.2018 - Teil III






Ehrlich gesagt bin ich an diesem Tag mit einem guten Gefühl in den Tag gestartet, für mich war der Nachuntersuchungstermin Gedanklich nichts anderes als eine Kontrolle wie die Wunde heilt - innerlich und äußerlich. Meine Mama fragte in der Früh, ob sie mit uns mitkommen soll – ich weiß noch das ich gesagt hab: „das passt schon Mama, die schauen da ja nur kurz drüber, wir sind gleich wieder da.“ Also bin ich mit Michi auf 9 Uhr ins Krankenhaus gefahren und wir warteten im Wartezimmer der Gynäkologie auf einen Arzt. Der kam dann auch und bat uns in ein Besprechungszimmer – da hab´ ich mich schon gefragt warum nicht in ein Untersuchungszimmer und überhaupt, warum schaut er denn so bedauernd… Er meinte dann wir sollen uns erstmal setzen und fragte ob ich meine Eltern dabeihabe, denn er hätte leider keine gute Nachricht für mich. Ich weiß noch, dass Michi und ich uns angesehen haben und man kann sich vorstellen wie man sich fühlt – Angst in jeder erdenklichen Version. Der Arzt sagte es tut ihm leid, er möchte jetzt nicht um den heißen Brei rumreden, man müsse jetzt schnell handeln – denn ich habe Krebs und einen sehr aggressiven noch dazu. Ich war wie in Schockstarre, wie gelähmt, in einem Tunnel, wie man es aus Filmen kennt… der Arzt redete und redete… ich fragte: “wie lang hab´ ich denn noch?“ Wortfetzen drangen zu mir durch, Michi war kreideweiß – wusste nicht ob er weinen oder kotzen sollte und ebenso erging es mir. Der Arzt bat Michi, meine Eltern anzurufen, die waren sofort da und im selben Schockzustand – ihnen hatte es genauso den Boden unter den Füßen weggezogen und wir alle schauten uns an und konnten nix sagen, nicht mal richtig weinen vor lauter Fassungslosigkeit, einfach nix – Bodenlose Leere. Der einzige der redete war der Arzt, Wortfetzen wie „schnell handeln, Lymphdrüsenkrebs, mittlerweile gute Chancen, morgen stationär zum Staging“ drangen zu mir durch und in mir summte alles – ich hatte keinen Bezug zu den Worten – redet der über mich, über mein Leben? Dann kam der Lymphologe ins Zimmer, erklärte die grobe Vorgehensweise – Knochenmarkspunktion, Port OP usw., aber das konnte sich grad alles eh keiner merken – wie auch. Der Gynäkologe sprach die Schäden durch die Chemo an, die Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit haben kann und organisierte mir ein Infogespräch bei seiner Kollegin vom Netzwerk ´Fertiprotect´ über die Konservierung von Eierstockgewebe, da müsse ich mich recht bald entscheiden. Er meinte man müsse aufpassen, dass ich mich nicht vor den Zug werfe, weil ich so gefasst bin. Aber ich war einfach nur geschockt und versuchte verzweifelt die vielen Informationen irgendwie einzuordnen, versuchte trotz allem einen klaren Kopf zu schaffen in dem Chaos und zu verstehen was jetzt passieren wird – von „vor den Zug werfen“ war ich ganz weit weg – für mich war klar, jetzt muss ich die Arschbacken zusammenkneifen und kämpfen, kämpfen, kämpfen – und das würde ich, zum Tier würde ich werden in den nächsten Monaten und über mich hinauswachsen, wie ich es mir nie hätte erdenken können. Wir fuhren nach Hause – mit der Nachricht im Gepäck und auf dem Herzen und ich rief alle an, die mir wichtig waren. Meine Schwester, mein Bruder, meine Tante, Michis Familie und als die Reaktionen kamen fing ich an zu weinen, wir alle weinten und hatten Angst. Angst davor, was noch an „Überraschungen“ in mir sind und Angst vor dem was kommt. Am nächsten Morgen sollte er schon losgehen, mein stationärer Aufenthalt zum Staging, damit man feststellen kann, wie fortgeschritten der Krebs schon ist. Mir war bewusst, es war jetzt dringend, musste schnell gehen, im Krankenhaus war alles vorbereitet und bereits organisiert und ich war mittendrin – fühlte mich wie in einer Mühle und wir hatten kaum Zeit das alles zu verstehen, keine Zeit zum Verarbeiten, jetzt mussten wir einfach funktionieren.

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